Nachlese zum Caravan-Salon Düsseldorf 2019

– ein Kommentar von Armin Westenhöfer –

Der Tabbert Cellini 750 HTD mit SlideOut

Eines vorweg: 2019 wird definitiv in die Geschichtsbücher der Messe Düsseldorf eingehen. Der Caravan-Salon, mit seinen ca. 268.000 Besuchern, Journalisten, Bloggern und Fachleuten hat kein einziges Superlativ ausgelassen.

Der Drang nach Unabhängigkeit und Freiheit im Urlaub ist ungebrochen, ja hat sich geradezu vervielfacht. Dabei hat diese Art zu verreisen auch noch eine relativ gut Ökobilanz im Hinblick auf Fernflug-Reisen. Grundsätzlich bleibt der Eindruck, daß es für jeden (wirklich jeden) eine adäquate Möglichkeit gibt, sich seiner Campingleidenschaft hinzugeben.

Von 50 € bis 1,5 Millionen € – nach oben gibt es keine Grenzen mehr – konnte man sich die unglaubliche Palette anschauen. Da war Kondition und Konzentration gefragt.

Positive Camping-Trends der Saison 2019

Ich denke, dass der 1. Preis an die diesjährig vertretene Allianz der Kastenwagenhersteller geht. Auch hier herrscht die Premisse “geht nicht… gibt’s nicht”. Unglaubliche, innovative Detaillösungen von fast allen Herstellern, kombiniert mit Fahr- und Alltagstauglichkeit – sensationell!

Sicherlich aber auch eine Notwendigkeit in Anbetracht der Generation Führerschein nach 1999. Die 3,5 to-Grenze steht hier wie ein Menetekel. Ebenfalls auf diesem Segment tummeln sich die Anbieter der Dachzelte für PKW und diverse Hersteller von Nischenmodellen im Bereich Kleincaravan oder Faltcaravan, allesamt mit modernster Technik versehen, überaus praktikabel und meistens mit ansprechendem Design.

Und genau hier muss man die Branche der Zulieferer, Zubehörhersteller sowie deren Ingenieure loben. Für den überzeugten Camping-Fan mag Halle 13 nicht so interessant sein, doch genau von hier kommen die Innovationen und Trends der nächsten Saison. Pfiffige Ingenieure, Tüftler und Querdenker sorgen sich um die Themen Sicherheit, Nachhaltigkeit, Praktikabilität und Design. Und natürlich um Digitalisierung. Hier wird die Zukunft des Campings von morgen gestaltet. Beeindruckend war der vielfältige Einsatz im Innen- und Außenbereich von LED-Technik, aber auch die Entwicklung im Ver- und Entsorgungsbereich.

Ein Trend verdient, wie ich finde, besondere Beachtung: Die Outdoor-Küche!

Ob im PKW, Van, Kastenwagen, Wohnwagen oder Mobilheim – überall findet man mittlerweile Outdoorküchen verbaut. Sehr vernünftig! Um eventuell anfallende Koch- und Bratgerüche im Inneren zu vermeiden, wird die Kochstelle nach Außen verlagert. Namhafte Hersteller haben sich dieser Idee angeschlossen und sie umsetzbar gemacht.

Bei aller Euphorie über positive Entwickungen muß man jedoch auch mal die negativen Seiten überbordender Konstruktionslust betrachten.

Camping-Trends, die wir kritisch sehen

Bedenklich ist im Hinblick auf Notsituationen und den Brandschutz das Versperren der Fluchtwege durch Bett-, Tisch- oder Küchenkonstruktionen. Besonders aufgefallen ist z. B. in den teilintegrierten Wohnmobilen ein Trend, welcher die vorderen Hub-Betten in den Türbereich bis auf halbe Höhe absenkt. Die dazugehörige Leiter verschärft die in einem Notfall notwendige Flucht ins Freie. Wer nimmt heutzutage eine solche Konstruktion – ich habe sie “Mörderbett” genannt – ab?

Des Weiteren halte ich den übertriebenen Raumgewinn der Heckgaragen für bedenklich. Bei den meisten Herstellern wird dadurch der Innenraum in Mitleidenschaft gezogen. Mangelndes Raumgefühl stellt sich ein und sämtliche Betten müssen über Leiterkonstruktionen geentert werden. Die “Trabbi-Garage” im Heck scheint also ein Status-Symbol bei fast allen Herstellern geworden zu sein.

Den Innenraumdesignern sei gesagt, vorwiegend dunkles Interieur macht schwermütig, egal wie schön die Sonne draußen scheint.

Der enttäuschendste Tiefpunkt jedoch war das Fehlen der zeitgemäßen Innovation des E-Mobils. Aufgrund technischer Probleme hat der Hersteller es vorgezogen, das einzig rein elektrisch betriebene Wohnmobil erst gar nicht zur Messe mitzubringen bzw. zu präsentieren…

Allgemein gesehen und damit an die Adresse aller Hersteller, ist die Kostenexplosion in allen Segmenten merklich und ärgerlich. Linear dazu entwickelt sich die Gewichtszunahme. Warum ein Mittelklassewohnwagen heutzutage 1,75 Tonnen wiegen muss, erschließt sich mir nicht. Überdies wird die Klientel derer, welche das Camping erst salonfähig gemacht haben (nämlich Familien mit Kindern) eher spärlich bedient. Die Wohnwagen unter 15.000 € sind zur Randgruppe degradiert worden.

Keine Worte fand ich in Halle 5, der Premiumhalle. Hier gipfelt der Konstruktionsexzess der Ingenieure in haushohen und hotelanlagenteuren Mobilen nebst absenkbarer Garage für den ebenso hochpreisigen Sportwagen und Whirlpoollandschaft. Die Klientel dieser rollenden Wellnessoasen kann man nur beglückwünschen: Ihr habt’s wirklich geschafft, wo ihr seid, ist oben. Glamping at its’ best. Aber ist das noch Camping? Es wird schwer, einen geeigneten Standplatz hierfür zu finden, weil man neben der Fahrzeuglänge und -höhe auch noch die Slide-Out’s unterbringen muss. Sei’s drum.

Meine persönlichen Highlights

Der Trend zu Retro-Fahrzeugen ist ungebrochen. Namhafte und hochqualitative Hersteller waren in der Lage, Retro-Design mit Funktion zu vereinen. Überaus ansehnliche Fahrzeuge sind das Ergebnis. Toll!


Unbestrittener Star der Messe war jedoch ein futuristisch anmutendes Gefährt, der Hymer VisionVenture, in Kooperation mit BASF. 

Conceptcar Hymer VisionVenture
“Zukunftsmusik”: Der Prototyp Hymer Vision Venture begeistert auf dem
Caravan Salon mit dem innovativsten Konzept.

Normalerweise vermeide ich, Ross und Reiter zu benennen, hier jedoch ist es angeraten. Dieser Prototyp vereint dermaßen viele positive Innovationen, daß man sagen kann, hier wird gerade an der Zukunft der Camping-Mobilität geschraubt. Sensationell! Man kann nur hoffen, das Hymer dieses Modell auch genau so in Serie auf den Markt bringt. Das ist für die nächste Dekade das High-End-Gefährt schlechthin!

Mein Fazit zum Schluß

viel Licht… jedoch auch einige Schatten. Auf auf diesem Sektor gilt: schneller, höher, weiter, größer, teurer etc. etc.

Wir müssen aufpassen, daß wir uns in unserer kostbaren Freizeit und unserem Urlaub nicht auch noch in gnadenlosem Konkurrenzdenken verstricken. Alle diese Produkte sollen eigentlich der Regeneration, des Innehaltens und der Entspannung dienen. Nicht vergessen!

Übrigens: wer es Leid ist, zu Lande Camping zu machen… auch dafür ist gesorgt:


PS: Der 59. CARAVAN SALON Düsseldorf findet vom 28. August (Fachbesucher- und Medientag) bis 6. September 2020 statt. Schon mal vormerken 😉

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2 Kommentare

  1. Es war wirklich spannend auf dem Caravan-Salon, zumal wir noch relatv neu sind (seit 4 Jahren mit gemieteten Mobilen), alleine was sich durch die aufblasbaren Zelte an Möglichkeiten ergeben ist schon faszinierend.
    Bei allen Innovationen usw. Die 3,5t-Grenze ist für eine drei-köpfige Familie mit Kastenwagen kaum erreichbar, wenn man noch ein 4. Bett für den Freund oder die Freundin des Kindes mit einplanen möchte. So schön die Aufstelldächer sind, ich hätte liebend gerne ein Mobil damit, aber egal wie wir rechnen, egal welches Mobil wir nehmen, mit Aufstelldach kommt man bequem an die 3,8t. Spannenderweise gibt es die Auflastung aber nicht bei jedem Hersteller.
    Inzwischen haben wir uns dann mal Hubbett Lösungen angeschaut, also Fahrzeuge mit Schlafmütze oder Vollintegrierte (gibt ja endlich auch schmale). Bei den "Schlafmützen"-Autos ist das Problem, dass die Küche nicht nutzbar ist, wenn das Kind mal länger schläft, fällt also auch weg. Und bei den Vollintegrierten muss man halt 7-15cm mehr Breite in Kauf nehmen. Dazu fällt dann auch noch die Möglichkeit des Durchlüftens wie beim Kastenwagen weg.
    Fast Allen Lösungen gemein ist, dass Mitfahrer 3 und 4 auf der Reise eine unmögliche Sitzposition haben, wird natürlich nicht besser, wenn noch Kindersitze gebraucht werden. Bei den Kastenwagen gibt es dafür Lösungen (zumindet Knaus, Clever und Vantourer), bei den Vollintegrierten steht dem oft eine völlig unnütze L-Sitzbank im Weg.
    Ohne Raumbad haben die meisten Fahrzeuge auch keine einfache sichtgeschützte Umziehmöglichkeit, ohne alle Fenster dicht zu machen, weil einfach kein Vorhang oder Zwischentür da ist. Die Duschen sind dafür oft zu eng und wenn man sie sogar benutzen will, wären sie zum Umziehen ohnehin zu nass.

    • leider muß ich Dir recht geben …die einzige Alternative dazu wäre ein gebrauchtes Histo- Mobil
      z.B. von Karmann die Gipsy oder der Cheetah oder auch von Eura . Google mal " Karmann Gipsy Bilder" oder " Karmann Cheetah" . Leider recht selten weil nur 750 davon gebaut wurden . Aber es gibt sie noch… Gruß Armin .
      P.S. .. Sehen auch von außen cool aus.

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